Fakt ist: Herzerkankungen stehen bei Männern wie Frauen gleichermaßen bei den Todesursachen ganz oben. Auf Platz eins bei Männern wie Frauen die ischämischen Herzerkrankungen, bei Frauen der akute Myokard-Infarkt auf Platz drei, bei Männern an gleicher Position – noch einen Rang vor dem Myokardinfarkt – die chronische Herzinsuffizienz, so die Kardiologin Prof. Verena Stangl bei einer dermatologischen Fortbildung in der Bundeshauptstadt.
Bei Psoriasis sind – unabhängig vom Schweregrad der Hauterkrankung – typische Risikofaktoren für Herzerkrankungen um das zwei bis fünffache erhöht. Dazu zählen allen voran: Fettstoffwechselstörungen, Rauchen, Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck und das metabolische Syndrom. Daraus resultiert ein um bis zu 50 Prozent erhöhtes Risiko für akute Herzerkrankungen, das noch mit der Schwere der Hautentzündung steigt. Das zeigt eine erst im April erschienene gemeinsame Publikation von amerikanischen Kardiologen und Dermatolog:innen, auf die die Oberärztin der Medizinische Klinik für Kardiologie und Angiologie der Berliner Charité verwies.
Doch, wie die Berliner Kardiologin weiter verdeutlichte, gibt es für die medizinische Versorgung von Herzerkrankungen zugleich zahlreiche und bedeutsame Unterschiede zwischen Mann und Frau. Nicht nur, dass Frauenherzen im statistischen Durchschnitt kleiner und bei ihnen die Ruhe-Frequenz 3-5 Schläge höher ist als bei Männern. Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen darüber hinaus hinsichtlich der Risikofaktoren und der Symptome zur Früherkennung, wie die erfahrene Klinikerin ausführte.
Während als ein spezifisches „Männer-Risiko“ für den Herzinfarkt beispielsweise lediglich Alkoholkonsum angesehen wird, kommen bei Frauen oral verabreichte hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung, mit der Schwangerschaft einhergehender Bluthochdruck oder Diabetes, eine vorzeitige Menopause, aber auch Autoimmunerkrankungen, Depressionen oder eine Brustkebs-Behandlung als spezifisch weibliche Risikofaktoren in Betracht.
Unterschiede in der Symptomatik bei akuten Herzinfarkt führten nach Stangls weiteren Ausführungen zu Verzögerungen bis zum Aufsuchen eines Arztes. Brustschmerz ist bei beiden Geschlechtern das Leitsymptom, doch bei Frauen kommt oft eine Vielzahl weiterer Symptome hinzu. Die Infarktproblematik läßt sich für sie zunächst nicht eindeutig bestimmen. „Daher kommen Frauen in der Regel etwas später als Männer, ehe sie mit der lebensrettenden Therapie behandelt werden können,“ so Prof. Stangl.
Hinzu kommt, so die Kardiologin: Sicherheit und Wirksamkeit der einschlägigen Herzmedikamente ist für Frauen weit weniger gut durch Daten belegt als für Männer. Der Frauen- Anteil an randomisierten Arzneimittel- Studien beträgt nämlich häufig nur 20-30 Prozent. „Die Studiendaten werden auf die geringer repräsentierten Frauen hochgerechnet,“ so Stangl, die eine komplexe Gemengelage von Motiven – zum Beispiel Sicherheitsbedenken bei Frauen mit Kinderwunsch, aber auch Empfängnisverhütung und hormonell bedingte Kontraindikationen oder familiäre Rücksichten– als häufige Ursachen für den Ausschluß von Frauen nannte. Spezielle Arzneimitteltherapie-Empfehlungen, Richt- und Leitlinien für Frauen seien bislang noch die Ausnahme. So komme es häufiger zu unerwarteten Arzneimittelreaktion. Abweichungen von der Standardtherapie seien daher bei ihnen häufiger erforderlich als bei Männern mit gleicher Grunderkrankung.
Aktuelle Publikation zum Thema:
Michael S Garshic, Cardiovascular Risk in Patients With Psoriasis e.a., J Am Coll Cardiol. 2021 Apr 6;77(13):1670-1680 – doi: 10.1016/j.jacc.2021.02.009.